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Akustischer Komfort im Innenbereich

Was?

Durch einen angemessenen Schallschutz muss sichergestellt werden, dass es nicht zu Lärmbelästigung zwischen benachbarten Parteien kommt und dass ein entsprechendes Maß an Privatsphäre gegeben ist. So wie in der Raumakustik richtet sich die Schallschutzanforderung zwischen zwei Räumen nach der Nutzungsart und dem Lärmpotential.

Warum?

In der heutigen Zeit verbringen Menschen den Großteil ihrer Zeit in Innenräumen. Schallschutz und Raumakustik haben dabei großen Einfluss auf den empfundenen Komfort. Es gibt jedoch keine universelle Lösung. Für hohen akustischen Komfort muss die Akustik jedes Raumes für die jeweilige Nutzungsart optimiert werden. In Versammlungsstätten oder Restaurants beispielsweise soll der Lärmpegel geringgehalten werden und Gespräche sollen über kurze Strecken begünstigt werden. In Tagungsstätten möchte man umgekehrt, dass Sprache auch über weite Entfernung noch deutlich verstanden werden kann. Wie gut ein Raum an die jeweilige Nutzung angepasst ist beschreibt der Begriff der „Hörsamkeit“.
Bei der Gestaltung von beispielsweise Büroräumen ist eine optimierte Akustik besonders wichtig. Lärmbelästigung am Arbeitsplatz führt zu verminderter Konzentrationsfähigkeit bis hin zu psychischen und körperlichen Beschwerten. Die Qualität der Kommunikation unter Kollegen und Besprechungen in Konferenzräumen hängt wesentlich von der raumakustischen Gestaltung der Innenräume ab. Es ist daher nicht verwunderlich, dass neben nationalen Normen auch immer mehr Nachhaltigkeits-Zertifikate großen Wert auf eine adäquate Akustik legen.

Wie?

Planungsbegleitendes akustisches Konzept

Eine angepasste Raumakustik und ein guter Schallschutz sind wesentliche Voraussetzung für eine hohe Aufenthaltsqualität eines Gebäudes. Trotzdem wird diesem Thema auch heute noch in vielen Fällen zu wenig oder zu spät Aufmerksamkeit gewidmet. Schallschutz und Raumakustik haben viele Schnittpunkte mit anderen Gewerken, weshalb es wichtig ist, die beiden Themen von Projektbeginn an zu berücksichtigen. Durch eine optimierte Raumanordnung, ein akustisch geprüftes Tragkonzept und akustisch geprüfte Materialaufbauten können aufwändige Umplanungsarbeiten verhindert werden, die das Projekt verkomplizieren und das Budget belasten. 
Bereits in einer frühen Planungsphase muss das Raumkonzept unter akustischen Gesichtspunkten geprüft werden. Es gilt sicherzustellen, dass Räume mit hoher Lärmentwicklung (Aufzugschächte, Treppenhäuser, Pausenräume oder Kantinen) nicht neben sensiblen Räumen wie Schlafzimmern oder Büros leitender Mitarbeiter gelegen sind.

BEISPIEL FÜR EINEN AKUSTISCH SINNVOLLES RAUMKONZEPT (GRAFIK: INCA
Beispiel für ein akustisch sinnvolles Konzept (Grafik: INCA)

Um die normativen Vorgaben für eine an die Nutzung angepasste Raumakustik umzusetzen, müssen ausreichend große Flächen vorgemerkt werden, die akustisch wirksam ausgeführt werden können. Für einfache Raum-Geometrien ist oftmals eine vereinfachte Berechnung der Raumakustischen Gegebenheiten mittels „Sabinischer Formel“ hinreichend genau. In wenig komplexen Räumen eignet sich die Decke oftmals gut zur Bedämpfung der Raumakustik. Durch die zunehmende Beliebtheit von betonkernaktivierten Decken zur Kühlung müssen jedoch vermehrt alternative Konzepte entwickelt werden. Wenn vom Akustiker nicht anders empfohlen, muss darauf geachtet werden, die schallabsorbierenden Flächen möglichst gleichmäßig im Raum zu verteilen.
Für komplexe Raum-Geometrien und Räume mit hohen akustischen Anforderungen, wie beispielsweise Veranstaltungsräume, Konzertsäle, Räume für Theaterveranstaltungen, oder auch Großraumbüros wird eine Raumakustik-Analyse mit einer geeigneten Simulationssoftware empfohlen. Für solche Simulationen bedarf es ein hohes Maß an Fachwissen, weshalb sie nur von erfahrenen Akustikern durchgeführt werden sollte.
Um eine hohe Schallschutzqualität zu erreichen, soll schon in der Projektanfangsphase ein derartiges Streben in die Geschosseinteilung einfließen. Wenn Geräuschquellen wie Aufzüge oder Serverräume nicht an sensible Räume grenzen, sondern Putzmittelräume zwischengeschoben werden, kann meist auf aufwändige Schallschutzmaßnahmen verzichtet werden. Die Wahl der richtigen Bauteilkomplexe, die korrekte Planung von Anschlussdetails sowie die fachgerechte Ausführung ist ebenfalls entscheidend. Im Holz- und Leichtbau ist besonders wichtig, das statische Konzept auf schallschutztechnische Anforderungen hin zu prüfen und anzupassen. Die Wahl der richtigen Bauteilaufbauten und die korrekte Entkopplung einzelner Bauteile voneinander ist im Leichtbau essentiell zum Erreichen der definierten Schallschutzanforderung. Eine frühzeitige Definition von Bauteilaufbauten und Produkten schafft Klarheit für alle Projektbeteiligten und erleichtert die spätere Ausschreibungsphase. Es gilt zu berücksichtigen, dass Anschlussdetails im Leichtbau in der Regel komplizierter als im Massivbau sind, da dort der Schallschutz nicht allein durch die Masse der Bauteile gewährleistet wird, sondern durch die fachgerechte Ausbildung von Vorsatzschalen und durch die fachgerechte Entkopplung von Bauteilen voneinander.
Allgemein gilt es bei der Planung zu berücksichtigen, dass sich das resultierende Schalldämm-Maß stark am schwächsten Element orientiert, weshalb schwächere Bauteile und Schwachstellen einen großen Einfluss haben. Fenster, Türen, Überströmelemente oder Durchbrüche für Haustechnik haben daher das Potential den resultierenden Schallschutz empfindlich zu schwächen.
Die haustechnische Planung sollte ebenfalls frühzeitig unter akustischen Gesichtspunkten geprüft werden. Durchbrüche durch Wände und Decken sind potentielle Schwachstellen im Schallschutz und müssen deshalb mit großer Sorgfalt geplant und akustisch fachgerecht ausgeführt werden.
Bei falscher Planung des Lüftungssystems kann es zum Beispiel zu Schallübertragung zwischen Räumen über das Lüftungssystem kommen. Die Be- und Entlüftung von Räumen kann durch die Verwendung von Überströmelementen großen Einfluss auf den resultierenden Schallschutz haben. Überströmelemente sind in aller Regel Schwachstellen im Schallschutz, weshalb die Schallschutzqualität vom Akustiker zu geprüft und freigegeben werden sollte. Das folgende Rechenbeispiel verdeutlicht, welche Auswirkungen ein Überströmelement mit geringer Schalldämm-Leistung auf die Schallschutzqualität der Wand haben kann. Obwohl das Überströmelement vergleichsweise klein ist, so reduziert es das resultierende Schalldämm-Maß der Wand doch trotzdem in enormem Maße.

RECHNERISCHEN BEISPIELS: EINFLUSS EINES SCHWACHEN ÜBERSTRÖMELEMENTS AUF DEN SCHALLSCHUTZ EINER TRENNWAND
Rechnerisches Beispiel: Einfluss eines schwachen Überströmelements auf den Schallschutz einer Trennwand

Außerdem haben haustechnische Anlagen stets das Potential, störenden Lärm zu verursachen. Oftmals sind Abwasserleitungen oder das Belüftungsanlage die störenden Lärmverursacher. Durch zu hohe Luftgeschwindigkeiten kann es in den Rohren oder an den Luftauslässen zu Strömungsrauschen kommen.
Geräte wie Lüftungsanlagen, Aufzüge oder Motoren haben das Potential, Vibrationen in die Gebäudestruktur einzuleiten, welche dann an anderer Stelle im Gebäude als Lärm hörbar werden. Die fachgerechte Schwingungsentkopplung aller potentiell vibrierenden Geräte ist daher essentiell wichtig. Die Entkopplungselemente dürfen nicht pauschal verwendet werden, sondern müssen fachgerecht dimensioniert werden, um effektiv zu wirken.

Berücksichtigung der schallabsorbierende Materialien

Schall kann auf unterschiedliche Arten absorbiert werden. Häufig werden sogenannte poröse Absorber verwendet. Dabei handelt es sich um offenporige Materialien mit einem erhöhtem Strömungswiderstand, wie beispielsweise Mineralwolle, Filz, Stoffe usw. Schall dringt durch die offenporige Struktur in das Material ein und wird darin absorbiert, indem die Schwingung der Luftteilchen durch Reibung gebremst werden.
Alternativ werden oftmals geschlitzte oder gelochte Materialien zur Schallabsorption verwendet. Diese sind mit einem Akustikvlies hinterlegt und werden oft zusätzlich mit einer Akustikdämmung in ihrer schallabsorbierenden Wirkung optimiert. Die Dicke der gelochten oder geschlitzten Platte und die Anzahl und Größe der Löcher und Schlitze haben einen großen Einfluss auf das Absorptionsverhalten.
Es ist sehr wichtig, hinter dem schallabsorbierenden Material (egal ob porös, geschlitzt oder gelocht) einen ausreichend großen Hohlraum vorzusehen. Mit zunehmender Hohlraumtiefe wirken die Schallabsorber in einem größeren Frequenzbereich und ist somit effektiver. Um tiefe Frequenzen zu absorbieren ist ein Hohlraum hinter dem Schallabsorber unerlässlich. Daher wird davon abgeraten eine dünne Filzschicht direkt auf eine schallharte Oberfläche zu kleben, da in diesem Fall keine tiefen - sondern nur hohe Frequenzen absorbiert werden. Dies kann zu unangenehmen akustischen Phänomenen führen.

Sprachverständlichkeit STI

Die Verständlichkeit von Sprache hängt wesentlich vom Sprachpegel, der Distanz bis zum Zuhörer und dem Störgeräuschpegel ab. Weitere Raumeigenschaften wie abschirmende Objekte und die Nachhallzeit spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. 
Die subjektive Sprachverständlichkeit kann durch den Prozentsatz der korrekt erkannten Silben, Wörter oder Sätze ermittelt werden. Der Sprachübertragungsindex, kurz STI, ist ein Maß für Qualität einer Übertragungsstrecke vom Sprecher bis zum Zuhörer. Auf Basis viele subjektiver Untersuchungen wurde der Sprachübertragungsindex STI entwickelt, für den es spezielle Messverfahren gibt. Die Kenngröße wird bei der Charakterisierung eines Raumes verwendet und kann von einem Akustiker mit speziellen Messgeräten für eine bestimmte Sprecher- und Empfängerposition gemessen werden. 
Der STI wird ebenfalls zur Bewertung von Beschallungsanlagen verwendet, beispielsweise um sicherzustellen, dass Evakuierungsmitteilungen über das Lautsprechersystem klar und deutlich verstanden werden. In diesem Fall wird ein spezielles Mess-Signal in das System eingespeist, über die Beschallungsanlage ausgegeben und an mehreren Positionen im Raum gemessen. In diesem Fall ist der gemessene STI eine Eigenschaft der Beschallungsanlage.

Sprachverständlichkeit STI
Sprachverständlichkeit STI

 
 

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Verfasst: 24. August 2022 Zuletzt geändert: 1. August 2024

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