Äerdschëff (LU)
Gesunde Baumaterialien, Umweltauswirkungen, Planung und Organisation
Projektbeschreibung
Ein Äerdschëff ist ein ganzheitliches Gebäudekonzept, mit 6 Haupt-Designprinzipien.
Verwendung umweltfreundlicher Materialien: wenn immer möglich werden lokale, natürliche, recycelte und wiederverwertete Materialien werden, um die graue Energie des Gebäudes niedrig zu halten, und Kreislaufwirtschaft so weit wie möglich zu integrieren.
Passives Solardesign: wie ein Gebäude die Sonne nutzen kann, um ein Heizsystem zu ergänzen. Dazu gehört auch eine natürliche, passive Belüftung.
Erneuerbare Energien: netzunabhängig und bewusst zu leben (was Produktionskapazität und Konsumbedürfnisse anbelangen) und Energie für Strom und Warmwasser selbst zu erzeugen.
Regenwassernutzung: Sammeln, Speichern, Aufbereiten zu Trinkwasser und Wiederverwerten von Grauwasser.
Abwasseraufbereitung vor Ort: Nutzung von Pflanzen und natürlichen Prozessen für die Abwasserentsorgung.
Integrierte Lebensmittelproduktion: Die Produktion von lokalen, agroökologischen Lebensmitteln im eigenen Haus ist das jüngste Gestaltungsprinzip des Äerdschëff-Konzepts.
Im Luxemburger Äerdschëff kommt noch eine starker Gemeinschaftsaspekt dazu
Das Äerdschëff ist ein gesunder und komfortabler, sich selbst versorgender Raum und ein für die Großregion wegweisendes Zentrum für das Lernen und die Entfaltung des Menschen im Einklang mit der Umwelt.
Der Äerdschëff, das erste öffentliche Gebäude der Welt, das von Earthships inspiriert ist, ist ein Zentrum für soziale Mischung und ein Schaufenster für zukunftsfähige Low-Tech-Lösungen. Es ist ein Ort des Teilens, der in jedem unserer Besucher den Wunsch nach Bildung weckt, unabhängig von Alter, Hintergrund und Herkunft.
Nachhaltige Ziele für das Projekt
Der partizipative Bau eines Earthships kann zur Erreichung mehrerer Nachhaltigkeitsziele beitragen. Earthships sind umweltfreundliche und energieeffiziente Wohnhäuser, die aus recycelten Materialien und natürlichen Ressourcen gebaut werden. Hier sind einige der Nachhaltigkeitsziele, die durch den partizipativen Bau eines Earthships unterstützt werden können:
- Ziel: Bezahlbare und saubere Energie: Earthships nutzen passive Solarenergie, um die Innenräume zu heizen und zu kühlen. Sie verfügen auch über Solarmodule zur Stromerzeugung, was zu einer nachhaltigen und sauberen Energieversorgung beiträgt.
- Ziel: Industrie, Innovation und Infrastruktur: Earthships fördern innovative Bauweisen und -technologien, die auf den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft und des nachhaltigen Designs basieren. Durch den partizipativen Bau können Gemeinschaften lokale Fähigkeiten entwickeln und lokale Ressourcen nutzen.
- Ziel: Nachhaltige Städte und Gemeinschaften: Earthships bieten eine nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Wohnhäusern. Sie können dazu beitragen, die Belastung der Städte zu verringern, indem sie autarke, selbstversorgende Gemeinschaften fördern.
- Ziel: Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster: Earthships setzen auf Recycling und Wiederverwendung von Materialien, insbesondere von Autoreifen und Glasflaschen. Dies fördert eine nachhaltigere Nutzung von Ressourcen und verringert die Abfallmenge.
- Ziel: Maßnahmen zum Klimaschutz: Durch die Verwendung passiver Solarenergie, einer effizienten Isolierung und anderer energieeffizienter Technologien tragen Earthships zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen bei und unterstützen somit den Klimaschutz.
- Ziel: Leben an Land: Earthships verwenden natürliche Materialien und Techniken wie Regenwassernutzung und Abwassermanagement, um negative Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren und nachhaltiges Leben an Land zu fördern. Ein naturnahes Management des Perimeters ist wichtig, um Insektenlebensraum zu schaffen.
Es ist wichtig anzumerken, dass der partizipative Bau eines Earthships allein nicht ausreicht, um alle Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Es ist vielmehr ein Schritt in Richtung nachhaltiges Bauen und Wohnen, der durch weitere Maßnahmen und Strategien zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ergänzt werden sollte.
Herausforderungen bei der Umsetzung der Ziele
- Zwischen 2016 und 2019 wurden die Anpassungen für das luxemburgische Erdschiff entworfen. Dazu gehörte die Anpassung des Wasseraufbereitungs- und Recyclingsystems, die Dimensionierung des Energiesystems, die Anpassung der Baumaterialien, um mehr natürliche Materialien zu verwenden und den Fußabdruck des Gebäudes so weit wie möglich zu verringern. Wir bemühten uns darum, die Genehmigungen für den Baubeginn zu erhalten. Angesichts des Pioniercharakters des Projekts war dies ein langwieriger Prozess. Es wurden verschiedene wiederverwendete Baumaterialien gesammelt und gelagert und das Bewusstsein für das Projekt geschärft. Im Hinblick auf den Äerdschëff-Bau wurden ein Erdkeller und ein Myzel-Workshop organisiert.
- Der Bau begann mit einem großen Freiwilligencamp im Sommer 2019, zu dem über 50 Freiwillige aus der ganzen Welt kamen, um gemeinsam mit einer Earthship-Crew die Reifenwand zu bauen. Die Verwendung von Kunststoffen und Beton wurde auf ein absolutes Minimum beschränkt, und alternative Materialien wie Dernoton wurden als Dampfsperre für den Unterboden und zwischen den Reifen und der Berme verwendet. Mit der Pandemie im Jahr 2020 verlangsamte sich der Bauprozess, und erst im Jahr 2021 wurde das Gebäude geschlossen. Dennoch wurden die Arbeiten an einer massiven Trockenmauer um den Container für die öffentlichen Toiletten und das Batterielager fortgesetzt.
- Da die Reifenwand aus nicht-standardisiertem Material besteht, wurde sie nicht als tragendes Element für das Gebäude zugelassen. Daher wurde die Unterkonstruktion aus Stahlbeton hergestellt, um dem Gebäude eine berechenbare Festigkeit zu verleihen. Für den Bau der Streifenfundamente für die tragenden Holzsäulen wurden Fachleute angeheuert.
- Die Fundamente bestehen aus einer Schicht aus zerkleinerten Steinen, Misapor und Geotextil, die mit einem einzigartigen Abdichtungsmaterial, Dernoton, einem natürlichen Verbundmaterial aus 70 % Ton und 30 % Sand, beschichtet ist.
- Auf dieser Grundlage wird die von Freiwilligen gebaute Reifenwand errichtet. Jeder der rund 1000 ausgedienten Autoreifen wird mit Erde gefüllt und mit einem Vorschlaghammer aufgeschlagen, um die Erde so fest wie möglich zu verdichten.
- Zusätzlich werden die Lücken zwischen den Reifen mit einem bindenden Zementmörtel ausgefüllt. Um die Mauer zusätzlich zu stützen, wird ein Betonbalken mit einer entsprechenden Schicht roter Lochziegel aufgesetzt.
- Eine große Herausforderung stellte auch das Wassersystem dar, wobei das Ziel war, ausschließlich mit Regenwasser und einer Trinkwasseraufbereitungsanlage zu funktionieren, Grauwasser mehrfach zu nutzen (Pflanzenbewässerung + Klospülung) sowie Schwarzwasser auf dem Gelände zu klären um so einen minimalen Impakt auf den lokalen Wasserkreislauf zu haben.
Besonderheiten des Projektes
- Innenwände
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Die Innenwände werden in wiederverwendeter Holzbauweise errichtet, mit Holzrahmen und Paneelen im Abstand von 35-45 mm (vertikal) und mit Latten in Standardhöhe, um eventuelle Hängeschränke anzubringen.
Die Holzfaserplatten werden auf die Rahmen geschraubt und die Spachtelmasse wird in diesen Aufbau eingefügt. Als Füllmaterial dienen in fast allen Fällen ausrangierte Hanfblöcke und Kalkmörtel. Die Wand mit dem Eulenmotiv Flaschenwand wurde gestaltet, indem das Feuerbrett an den Stellen zugeschnitten wurde, an denen es notwendig war, um das geplante Design zu ermöglichen. Manchmal werden der Wand Muttern hinzugefügt, um Risse im Putz zu vermeiden.
Die Strohwandkonstruktion befindet sich am Osteingang, die Yaki-Suki- und Korkwand am Westeingang.
Verschiedene Innenwandkonstruktionen:
- Holzfaserplatte mit Kalkputz
- Strohwand
- Flaschenwand mit Strohfüllung
- Wand mit Weinkistenverkleidung
- Yaki-Suki-Wand
- Korkfüller-Wand
- Kachel-Paneel-Wand
- Stampflehmwand
- Fußboden
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Die Vorbereitung der Tragschicht, zusammen mit dem Untergrund für den endgültigen Bodenbelag, war der komplexeste Prozess, da er eine sorgfältige Planung Versorgungsleitungen und Durchführung erfordert.
Leitungen wie Versorgungs- und Abwasserrohre befinden sich unter dem Dernoton (in der Misaporschicht) und die Heizungsrohre in der Schicht über den Hanfblöcken (in der Estrichschicht 1).
Für den Aktivitätsraum wurde ein Sichtkalkboden gewählt. Küche und Bad sind gefliest. Auf die Dämmung aus Hanfblöcken wird zunächst eine fetthaltige Lehmschlämme als zusätzliche Abdichtung gegossen, und dann wurden in drei Bereichen Estrichmischungen ausprobiert, um die beste Mischung für die Fliesen auszuwählen. Der sandige Estrich mit gemischtem Steinbruchstaub wurde für die freiwilligen Fliesenleger verwendet.
- Gesundheitsaspekt
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Im Vorfeld der Entscheidung, Altreifen einzubauen, machten wir eine Studie zur Luftqualität mit Staubproben aus Earthships aus der ganzen Welt. Das nationale Gesundheitslabor analysierte diese Proben, und fand heraus, dass Altreifen in dieser Form unbenklich sind.
Desweiteren haben wir mit der Auswahl von Materialien das Kriterium des natürlichen Materials bevorzugt (z.B. Holz, Lehm, Kork, Stroh, etc.), um ein angenehmes Raumklima zu erreichen.
- Ökologischer Aspekt
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- Im Vorfeld der Entscheidung, Altreifen einzubauen, machten wir eine Studie zur Luftqualität mit Staubproben aus Earthships aus der ganzen Welt. Das nationale Gesundheitslabor analysierte diese Proben, und fand heraus, dass Altreifen in dieser Form unbenklich sind. Desweiteren haben wir mit der Auswahl von Materialien das Kriterium des natürlichen Materials bevorzugt (z.B. Holz, Lehm, Kork, Stroh, etc.), um ein angenehmes Raumklima zu erreichen.
- Das Äerdschëff hat viel Komfort mit Low Tech Materialien und bringt uns reale Lebensqualität ohne Hyperkonsum näher.
Verfasst: 13. Juli 2023 Zuletzt geändert: 21. März 2024
Bauherr: CELL asbl
Auftraggeber: Bâtiments publics
Architekt: BENG (Virginie Georgeon), Annick Meiers
Prüfingenieur: Secosafety
Sonstige: Das Gebäude wurde im Zusammenspiel von Handwerkern und vielen Freiwilligen aus der ganzen Welt designt und gebaut.
1, rue du Lycée L-8508 Redange/Attert
300 m2
2019-2022